Einmal Hummer mit Musik
Raffiniert und exquisit: Das Rezept vom Frenchie Kitchen Club erfordert Zeit und viel Liebe. Wem das zu mühselig ist, der kann sich am Limettenbaiser mit Karamell üben. Von Eva Biringer
AUS DER SERIE: SONNTAGSESSEN 15. APRIL 2018, 11:59 UHR
Manche Foodblogger hören beim Kochen Bollywoodsoundtracks. Andere Spotify oder Radio. Nicht so Alexandre Bidault: “Meine Küchenmusik ist das Anbraten, Andünsten, Anrösten, Glazieren. Die zischenden Herdplatten, sprudelndes Wasser, das Ploppen eines Weinflaschenkorkens.” Bidault ist Franzose, er hat zwar erst 2010 mit dem Kochen begonnen und vier Jahre später seinen Blog The Frenchie Kitchen Club gegründet, dafür in kurzer Zeit alles aufgeholt.
Kein Wunder, schließlich war seine Kindheit geprägt von Tartes, Pouletaus dem Ofen, von Kartoffelpüree und Mousse au Chocolat. Nicht selten denkt er die ganze Woche lang über Rezepte nach, die er dann am Wochenende präzise umsetzt. Als wichtigste Zutat seiner Gerichte nennt er Zeit. Soßen so zu binden, dass sie beim Servieren glänzen, gehört zu seinen Grundfertigkeiten. Dem würde Paul Bocuse sicher zustimmen, jene Legende, die Bidault als Vorbild nennt. Dann holt er tief Luft und nennt weitere Namen: “Philippe Etchebest, Yannick Alléno, Alain Passard, Alain Ducasse, Anne-Sophie Pic, Hélène Darroze, Michel Sarran, Frédéric Anton, Thierry Marx, Christian le Squer, Michel Troisgros und, und, und …”
Der 41-Jährige arbeitet bei einem Verlag in Zürich. Immerhin gibt es in der Schweiz so verführerische Spezialitäten wie Raclettte, Berner Rösti oder Capuns aus dem Kanton Graubünden. Wer Fleisch mag, dem rät Alexandre Bidault zu Smith and de Luma oder ButchersTable zu gehen. Das beste Cordon bleu bekomme man hingegen im Degenried. All seine Tipps täuschen aber nicht darüber hinweg, dass Bidault am glücklichsten ist, wenn er selbst am Herd steht. Oder seiner zweiten Leidenschaft nachgeht, dem Sammeln von Turnschuhen. “Ich besitze inzwischen über 150 Paar.”
Für sein Sonntagsessen hat sich Bidault für eine der edelsten Zutaten überhaupt entschieden: Hummer. Schließlich ist Sonntag. Wobei ein Franzose, dem die Haute Cuisine in die Wiege gelegt wurde, dafür natürlich keinen Wochentag als Ausrede braucht.
Vegetarier unter den Gästen? Auch für die hat Bidault Ravioli vorbereitet, mit einer Pilzfüllung. Deren Entstehungsprozess erklärt er wie folgt: “Kürzlich hatte ich eine Menge Champignons übrig und kam auf die Idee, sie stundenlang sanft auszukochen, das hat ausgezeichnet funktioniert. Wie ich bereits sagte: Zeit ist oft die beste Zutat.”
Als Referenz an seine Heimatstadt serviert der 41-Jährige anschließend Kalbgeschnetzeltes mit Rösti.
Sein Fleisch bestellt Bidault bevorzugt online. Für dieses Rezept braucht es neben Kräuterseitlingen Pata Negra Presa, ein Schulterstück von der Schweinerasse Pata Negra.
Das Limettenbaiser mit Karamell könnte auch im Schaufenster einer Pariser Pâtissérie stehen. Darauf, also auf Desserts, möchte Bidault sich in Zukunft mehr fokussieren.
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